Interview mit Florian Haas, EY Österreich

Runtastic, Shpock oder Too Good To Go: In den letzten Jahren haben in Österreich immer mehr namhafte Start-ups das Licht der Welt erblickt. Aus persönlicher Erfahrung ist dabei Umwelt häufig ein Thema, an das Start-ups sowohl inhaltlich als auch im Sinne ihrer Kommunikation heutzutage gerne anknüpfen. Des Weiteren scheint es, dass Gründer:innen immer jünger werden. Doch wieso schaffen manche es in kurzer Zeit so bekannt zu werden? Was machen diese im Vergleich zu anderen besser? Welche Kanäle, Konzepte oder Strategien nutzen sie, um Aufmerksamkeit und Sympathie zu generieren? Handelt es sich hierbei im Vergleich zu den Großen oft um ungenutztes Potential hinsichtlich Kommunikation?

Mit Florian Haas, Leiter Start-up-Ökosystem bei EY Österreich, sind wir dieser Problematik auf den Grund gegangen und haben die zentralen Inhalte als Basis für die Kommunikation junger Gründer:innen – gerade in der Anfangsphase – zusammengefasst.

Haben Sie einen Wandel beziehungsweise signifikante Unterschiede in Bezug auf Start-up- Gründungen und den Erfolg dieser in den letzten Jahren erkennen können?

Definitiv. Grundsätzlich ist Österreich kein Land, in dem unternehmerisches Risiko weit verbreitet ist. Wir leben da schoneher in einer Art „Vollkasko-Gesellschaft“, in der die „Kultur des Scheiterns“ wenig ausgeprägt ist. Scheitern ist in unserer Gesellschaft immer noch ein Stigma, in anderen Ländern wie Israel oder den USA wird es als Teil des Lernprozesses und damit auch des unternehmerischen Erfolgs gesehen. Wichtig ist dabei nur, wieder aufzustehen und aus den eigenen Fehlern zu lernen. In den letzten fünf Jahren hat sich in der Start-up Szene in Österreich aber einiges getan. Das zeigen beispielsweise der Anteil der Finanzierungen und die Anzahl der Finanzierungsrunden, die Startups in Österreich bekommen. Auch die Akzeptanz und die Attraktivität von Unternehmertum und Gründertum sind deutlich gestiegen.

Hat sich das Verhältnis von nicht in erster Linie nachhaltig agierenden vs. nachhaltigen Start- up-Gründungen in den letzten Jahren verändert?

Ja, extrem. Beim Austrian Start-up Monitor, welcher einmal jährlich gemacht wird, gibt jedes zweite Start-up an, dass soziale und/oder ökologische Ziele eine große Priorität in ihrem Geschäftsmodell sind. Mehr als ein Drittel trägt aktiv zur Lösung der Klimakrise bei.

Was sind die Hauptbeweggründe für nachhaltige Kommunikation im Start-up Bereich?

Zum einen lässt sich da ein Trend erkennen, zum anderen ist es heutzutage auch schlichtweg gar nicht mehr möglich, ein Start-up zu gründen, welches nicht im Sinne der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit agiert. Ein nachhaltiges Geschäftsmodell zielt einerseits auf Investor:innen ab, andererseits setzt es Hebel in Richtung etablierter Unternehmen und in Richtung Gesellschaft.

Auf welche strategischen Grundsätze in der Kommunikation müssen GründerInnen von Start-ups im Vergleich zu lang bestehenden erfolgreichen Unternehmen achten?

Neben Nachhaltigkeit soll auch das Thema Diversität von Anfang an berücksichtigt werden. Möglichst diverse Gründungsteams sind grundsätzlich erfolgreicher. Und, was gerne übersehen wird, sich gleich zu Beginn Gedanken zu machen: „Wie verdienen wir eigentlich Geld?“. Nur so kann ein Unternehmen langfristig funktionieren.

Einige Start-ups generieren gerade in der Anfangsphase viel öffentliche Aufmerksamkeit. Was machen diese anders als andere, um in kürzester Zeit mehr Aufmerksamkeit und Brand Awareness zu generieren? Da gibt es zwei Dimensionen: intrinsisch – also wie einzigartig ist das, was du machst, und extrinsisch, also welche budgetären Mittel stehen dir zur Verfügung. Letzteres zeigt sich gerade auch beim Start-up „Too Good To Go“, welches zuerst schon in seinem Ursprungsland groß geworden ist und nun die nötigen finanziellen Mittel für die erfolgreiche Expansion und einen kommunikativ stark begleiteten Markenauftritt hat.

Was dann noch wichtig ist, ist eine gute organisatorische Struktur innerhalb des Unternehmens. Dadurch wird meist schon auf den ersten Blick deutlich, wie viel Substanz da ist – gerade für potenzielle Investor:innen. Die Szene ist sehr auf Pitches getrimmt. Da man gerade zu Beginn oft noch nicht in den richtigen Netzwerken ist, spielen auch Reputation und gute PR – zum Beispiel über Social Media, die Website oder durch Medien – eine wichtige Rolle. Denn ein gelungener Pitch ist im Grunde nichts anderes, als gutes Storytelling.

Wie schaut für Sie gute PR aus?

Grundvoraussetzungen: Sie muss den Qualitätskriterien entsprechen, im Kern soll also alles wahr, ehrlich und ethisch korrekt sein. Auch im Falle eines Shitstorms muss faktenbasiert kommuniziert werden. Außerdem soll geklärt sein, wie man mit Mischformen umgeht – also Medienkooperationen etc. Inhaltlich finde ich Kommunikation dann gut, wenn man aus der Sicht der Person denkt, die man erreichen will –oder eben auch aus der, einer Persona. Wenn du Kund:innen erreichen willst, musst du nicht nur ins Hirn kommen, sondern auch ins Herz.

EY Austria kommuniziert den Anspruch „Building a better working world.”. Wie kann man diesem Anspruch als zukünftig junge/r GründerIn von Unternehmen gerecht werden?

Beim Purpose von EY geht es darum, einen Beitrag zu leisten, dass die Welt besser funktioniert. Wir bündeln unser Know How um Unternehmen als Partner:innen zu begleiten und diesen wiederum zu helfen, die Welt besser zu machen. Wie man dem aus Sicht der Unternehmen gerecht werden kann? Ganz einfach: Unternehmen sind prinzipiell dazu da, Probleme zu lösen. Das können die großen gesellschaftlichen Herausforderungen ebenso sein wie spezifische Nischen-Probleme. So entstehen letztlich Gründungen.

Gründer:innen haben somit implizit diesen Anspruch, die Welt zu verbessern – was auch richtig und – vor allen Dingen – wichtig ist. Eine gute Geschäftsidee ist somit nur so gut, wie sie kommuniziert und auch umgesetzt  wird. Handeln im Sinne der Nachhaltigkeit, eine auf Emotionen anspielende Kommunikation und grundsätzlich eine gute Struktur sowie Diversität innerhalb des Unternehmens – all das ist somit ausschlaggebend, um als junges Start-up auch langfristig bestehen zu können.

Die Autor:innen

Stephanie Rettenegger und Alina Schmal-Filius sind Studierende der FH St. Pölten des Studiengangs Marketing und Kommunikation