Dass gute Kommunikationsvorbereitung bei Krisenereignissen für Unternehmen wichtig ist, sollte eigentlich nichts Neues sein. Entsprechende Vorbereitung ist wesentlicher Teil des integrierten Kommunikations- und Reputationsmanagements. Doch worauf müssen Beratende im Umgang mit Kund:innen bei der Krisenkommunikation wirklich achten? Gibt es absolute No-Gos und welchen Herausforderungen muss man sich stellen?

Wir haben hierzu mit Michael Moser gesprochen. Er ist seit fünf Jahren für die Wiener PR-Agentur Ecker & Partner tätig und betreut Unternehmen und Organisationen im kommunikativen Umgang mit Krisenereignissen. Zuvor war er als PR-Berater vor allem im Gesundheitswesen sowie als Marketer und Projektmanager im Finanz- und Verlagssektor engagiert.

Das Allheilmittel gegen Krisen?

Der Senior Consultant von Ecker & Partner unterstreicht gleich zu Beginn des Gesprächs: Interesse und Neugierde für aktuelle gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Diskurse sind eine Grundvoraussetzung für gelungene Kommunikationsberatung – insbesondere bei Krisenereignissen. Zudem erfordert gute Beratung breites Hintergrundwissen, strategisches Denken und die Fähigkeit zu tiefgehender Analyse. Dadurch können relevante Entwicklungen und kritische Risiken identifiziert und für die konkrete Kommunikation strategisch sinnvoll aufbereitet werden.

Auf die Frage, wie er eine Krise definiert, antwortet der gebürtige Salzburger dezidiert: „DIE Krise an sich gibt es nicht. Wir denken bei Krisenkommunikation oft an Skandale, Kontroversen und menschliches Fehlerverhalten. Aber auch ein unvorhergesehenes Unfallereignis, ein technisches Gebrechen, wirtschaftliche Änderungen oder rechtliche Auseinandersetzung können dazu führen, dass Unternehmen bzw. Organisationen binnen kurzer Zeit mit starkem Kommunikationsdruck konfrontiert sind.“ Er betont dabei, dass gerade dieser Aspekt das Berufsfeld besonders abwechslungsreich macht.

Eines haben die verschiedenen Krisenarten jedoch gemeinsam: in der Akutsituation muss flexibel und meist innerhalb sehr enger Zeitfenster gehandelt werden. Ein Patentrezept zur Krisenkommunikation gibt es nicht, so der Kommunikationsberater, denn jeder Einzelfall müsse individuell und situativ bewertet werden. Umso wichtiger ist es deshalb, entsprechende Planungen für potenziell eintretende Krisenereignisse möglichst im Vorfeld zu treffen – von der Entscheidung, wer das Unternehmen oder die Organisation nach außen vertritt, bis hin zur straffen Organisation von Abläufen im Umgang mit Medienanfragen oder genauem Stakeholder- und Mediamonitoring. Je mehr Klarheit zu Rollen und Abläufen im Vorfeld geschaffen wird, umso schneller und zielgerichteter kann im Ernstfall agiert werden.

Über Fauxpas & Überraschungseier

Als Bindeglied und Vermittler zwischen Unternehmen bzw. Organisationen auf der einen, sowie Medien auf der anderen Seite, unterstützen Agenturen wie Ecker & Partner ihre Kund:innen etwa mit ihrem Wissen über Arbeitsweisen und Strukturen der Medienlandschaft, dem professionellen Umgang mit Anfragen durch Journalist:innen. „Wesentlich ist eine strategische Einbettung und die Konsistenz aller Botschaften und Kommunikationsmaßnahmen“, unterstreicht der Kommunikationsberater. Ein weiterer Vorteil: als Sparringpartner bieten Agenturen wie Ecker & Partner ihren Kund:innen den „Blick von außen“, wodurch auch eventuell „blinde Flecken“ identifiziert werden können. „Krisenereignisse können dazu führen, dass Unternehmen oder Organisationen eine defensive Haltung einnehmen. Eine Medienanfrage soll jedoch nicht als Angriff, sondern auch als Möglichkeit zur Positionierung der eigenen Sichtweise verstanden werden. Auf Medienanfragen nicht, verspätet oder widersprüchlich zu reagieren ist ein ‚No-Go‘. Journalist:innen arbeiten unter enormen Zeitdruck. Rechtzeitige, professionelle Vorbereitung unterstützt alle am Kommunikationsprozess Beteiligten“, erklärt Moser.

Der Senior Consultant skizziert eine lückenhafte Krisenkommunikation anhand eines aktuellen Beispiels, welches starke mediale Wellen geschlagen hat: dem Produktrückruf des Süßwarenherstellers Ferrero. Obwohl das Unternehmen bereits am 15. Dezember des Vorjahres über ein Produktionsproblem Bescheid wusste, wurden entsprechende Informationen erst Anfang April publik – in Folge einer behördlichen Schließung eines Werks in Belgien. Dies führte zu großer Verunsicherung der Konsument:innen – und entsprechenden Reputationsschäden.

Genau hier liegt auch das Problem: „Das Unternehmen hat zu spät reagiert. Die Öffentlichkeit wurde erst durch Medienberichte im Zuge der behördlichen Werkschließung auf ein potenzielles Gesundheitsrisiko aufmerksam. Auch zu diesem Zeitpunkt hat das Unternehmen nicht umfassend informiert. Das öffnete Raum für mediale Spekulationen. Dabei ist auch für Außenstehende klar, dass Konsument:innen und der Handel bei solchen Ereignissen sehr sensibel reagieren. Das Unternehmen befand sich rasch in einer Situation mit sehr eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten“, beschreibt Moser die Ereignisse. Das Beispiel des Süßwarenherstellers macht deutlich, dass Krisenkommunikation als integraler Bestandteil professionellen Risikomanagements verstanden werden muss, um im Fall des Falles Vertrauen und Glaubwürdigkeit nicht zu gefährden.

Krisen, die im Kleinen anfangen

Auch zwischenmenschliche Beziehungen und Interaktionen in Unternehmen und Organisationen bergen Konfliktpotential. Durch die im Jahre 2017 ins Leben gerufene #MeToo-Bewegung herrscht zunehmendes Bewusstsein bezüglich sexueller Übergriffe, vor allem gegen Frauen. Auch in der Krisenkommunikation lässt sich eine Enttabuisierung des Themas abzeichnen. Entsprechende Leitlinien, Schulungen und die strukturelle Verankerung von z. B. Vertrauenspersonen sind aktive Maßnahmen, um allen Beschäftigten ein sicheres, gleichberechtigtes und wertschätzendes Arbeitsumfeld zu gewährleisten und ein wichtiger Schritt für Verbesserungen.

Mit der Kampagne #MännerzeigtHaltung hat Ecker & Partner 2021 das gesellschaftliche Thema aufgegriffen, Schwerpunkte lagen auf Respekt, Diversität, Gleichberechtigung – darunter auch die nach wie vor vorhandene Gehaltsschere zwischen Männern und Frauen – sowie die Förderung von Bewusstsein zu Gewalt gegen Frauen.

Die Zukunftsmusik jeder Branche

Doch was bringt die Zukunft der Krisenkommunikation? Ein klarer Trend lässt sich in ihrer Beschleunigung ausmachen. Die Digitalisierung schafft immer raschere, direktere Möglichkeiten zur Information. Im Rennen um Newswert zählt oft jede Stunde. Das führt in der Krisenkommunikation zu immer knapperen Timings – wodurch Vorbereitung noch wichtiger wird.

Und ein weiterer Trend zeichnet sich ab. Das Risikobewusstsein bei Unternehmen und Organisationen nimmt zu, das Interesse der Öffentlichkeit und bei Stakeholdern steigt tendenziell. Dadurch bleibt Krisenbetreuung ein stets aktuelles Thema. „Grundsätzlich kann jedes Unternehmen in jeder Branche von Krisen betroffen sein. Als außergewöhnliche Ereignisse stellen Krisen naturgemäß eine Belastung dar. Zieht man die nötigen Learnings daraus, können sie aber zur Weiterentwicklung eines Unternehmens, einer Organisation beitragen. Und: Keine Krisensituation währt ewig“, führt Michael Moser abschließend aus.

Die Autor:innen

Student:innen der FH St Pölten

vlnr.:Florian Nägerl, Antonina Wegrzecka und Lena Wustinger sind Studierende der FH St. Pölten des Studiengangs Marketing und Kommunikation